Von oben betrachtet.

Nachricht Selsingen, 22. Oktober 2020

Mit den Kindern bin ich auf die Düne geklettert. Der Aufstieg war mühsam, aber hat sich gelohnt. Jetzt stehen wir oben. Vor uns erstreckt sich die weite Landschaft. Auf der einen Seite sehen wir den Strand und die See, auf der anderen Seite ist die hügelige Dünenlandschaft. Von hier oben sehen wir, wie Düne auf Haus und Haus auf Düne folgt. Den Weg zurück in die Wohnung wollen wir anders gehen als wir gekommen sind. Darum suche ich Pfade zwischen den Häusern zurück in die Richtung, wo ich unser Haus vermute. Es sieht ganz leicht aus. 

Halb kletternd halb rutschend kommen wir unten an der Dünenkante an. Zwei Dünenberge nehmen wir und staunen über die hölzerne Bauweise der Häuser. Manche der Häuser haben ein mit Gräsern bewachsenes Dach. Wir bleiben stehen und kucken uns die Dachkonstruktion an. Als wir fertig sind und den Weg wieder aufnehmen wollen, schauen wir in die Runde und sehen vor uns und hinter uns Dünen. Wo wollten wir jetzt lang? Da? Oder dort? Von oben sah das so einfach aus, von hier unten sehen wir den Weg vor lauter Hügeln nicht. 

Manchmal ist das mit dem Leben im Glauben so ähnlich. Wenn ich am Sonntag im Gottesdienst sitze und mir die Dinge in Ruhe von oben ansehe, scheint alle so klar und einleuchtend. Und dann am Montag, wenn die Fragen da sind, ist alles ganz anders. An seinen Schüler Timotheus schreibt Paulus einen Satz, der Timotheus wie ein Kompass in unübersichtlichen Situationen helfen soll. Paulus schreibt: 

Gott hat uns nicht den Geist der Furcht gegeben, 
sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit. 

 

Gott hat uns den Heiligen Geist geschenkt – und den kann man gut an seinen Auswirkungen erkennen. Darum beschreibt Paulus die für Timotheus: Wo Gottes Geist ist da wächst nicht die Angst; wo Gottes Geist ist, muss die Angst weichen. Überall, wo Menschen einander mit Angst statt mit Liebe begegnen, wo sie übereinander Macht gewinnen, indem sie einander drohen, da ist Gottes Geist nicht. 

Gottes Geist hat andere Auswirkungen, die zur Orientierung im Leben helfen. Sein Geist gibt Menschen Kraft. Damit ist nicht die Kraft gemeint, wie Menschen sie brauchen, um Bäume auszureißen. Diese Kraft ist die Kraft, morgens aufzustehen. Die Nachbarin noch einmal zu grüßen, obwohl die den Kopf schon lange nicht mehr hergedreht hat. Die Kraft für den Abwasch, obwohl der andere dran wäre, für die Auseinandersetzung mit dem Ehepartner. Gottes Kraft erkennt man am besten in Jesus Christus: er nimmt den Weg zu Menschen auf sich und wendet sich nicht ab. Er gibt die zweite Chance und gibt nicht nach der ersten auf. 

Gottes Geist ist ein Geist der Liebe: Wenn in einer unwegsamen Situation die Frage ist, wie man sich entscheiden müsste, dann hilft die Liebe den eigenen Stolz überwinden. Gibt es einen liebevollen Weg hin zum anderen Menschen? Die dem anderen auf dem Weg der Liebe voran bringt? Dann ist das der richtige Weg. Gottes Liebe erkennt man am besten in Jesus Christus: er sucht für jeden Menschen danach, wie er mit der Liebe Gottes in Kontakt kommen könnte. Damit jedem Menschen die Begegnung mit Gott gelingen kann. 

Und Gottes Geist ist ein Geist der Besonnenheit. Besonnenheit achtet auf das, was mir anvertraut ist. Kraft mit Besonnenheit sorgt dafür, dass die Kraft bis zum Abend reicht und nicht schon am Mittag aufgebraucht ist. Liebe mit Besonnenheit heißt, dass ich den anderen liebe und darüber die Liebe zu mir selber nicht vergesse. Dass ich mich nicht in der Hingabe aufopfere, sondern auf mich Rücksicht nehme. Liebe mit Besonnenheit heißt, dass die Liebe Gottes mein Leben bestimmt und nicht die Liebe zu irgendetwas anderem. Gottes Besonnenheit kann man am besten an Jesus Christus kennen lernen. Sein Weg zu den Menschen ist der im Menschen Jesus Christus. Damit wir Menschen wirklich sein Gesicht sehen können. 

Gott gibt uns einen Geist, der die Angst vertreibt und Schritte gehen lässt. Von diesem Geist wünsche ich Ihnen viel an jedem Montag und Dienstag und Mittwoch und Donnerstag, Freitag und Samstag. Dass er ihnen Kraft und Liebe und Besonnenheit gibt.

Herzlich grüßt Ihr Pastor Markus Stamme 

Markus Stamme

Am Telefon

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