Zum 80. Jahrestag der Befreiung des Stalag X B Sandbostel
Zum 80. Mal jährt sich der Tag, an dem britische Soldaten 14.000 Kriegsgefangene und 7 000 KZ-Gefangene aus dem NS-Kriegsgefangenenlager in Sandbostel befreit haben. Mit den Angehörigen, die an diesem Tag nach Sandbostel kommen, trauere ich um die Menschen, denen an diesem Ort unsagbares Leid und Unrecht zugefügt wurde. In der Erinnerung geben wir den Toten die Würde wieder, die ihnen unsere Vorväter und -mütter genommen haben.
Gedenkstätten wie Sandbostel sind Wundmale in unserem Land. Sie mahnen, sich nicht der Illusion hinzugeben, dass der Mensch gut sei. Sie erinnern uns daran, dass Krieg immer entsetzliches Leiden mit sich bringt, damals wie heute.
Sandbostel ist deshalb als Gedenkstätte zugleich ein bedeutender Friedensort. Hier wird die Erkenntnis wachgehalten, dass Frieden ein zerbrechliches Gut ist. Er verlangt fortwährend unseren Einsatz.
Im Erinnern gründet die Hoffnung, dass der Mensch aus Erfahrungen lernen kann. Hundertausende Menschen wurden durch Lügen und Hass, rassistischen Nationalismus und Verschwörungstheorien zu willfährigen Helfern eines Terrorregimes gemacht. Sie haben zum Leid der Menschen, an die wir heute denken, beigetragen. Niemand gibt uns die Garantie, dass sich das nicht wiederholt. Wo öffnen wir heute den Mund und sprechen die Wahrheit ? Wo sind wir stark und widerständig? Wo jagen wir dem Frieden nach?
Wir schulden allen Opfern unser Gedenken und bleiben mutige Zeug*innen der Wahrheit, der Mitmenschlichkeit und des Friedens.
Ralf Meister
Landesbischof der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers