Liebe Leserin, lieber Leser,
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
endlich hatte ich mal Zeit, mein neues Kochbuch zu gestalten. Ich hatte es schon im letzten Jahr von meinen Geschwistern geschenkt bekommen. Es hat ein besonderes Format: Zwei Hefte zum Eintragen von Rezepten, aber auch viele Klarsichthüllen mit unterschiedlich großen Fächern, in denen Rezepte Platz finden, die ich aus Zeitschriften ausgeschnitten habe und deren Fotos mir das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen. Ich nahm also meinen alten Ordner mit einer losen Blattsammlung aus dem Schrank und legte los. Abschreiben, ausschneiden, sortieren. Womit ich dabei nicht gerechnet hatte, war, dass so viele Erinnerungen an schöne Momente und Gedanken an alte Freunde, Bekannte und Familie mit den Rezepten verbunden sind!
Als ich in der vierten Klasse war, hatte mein Onkel (wir sind fast wie Geschwister aufgewachsen) mittwochs Wahlpflichtkurs Kochen in der Schule. In der zweiten großen Pause trafen wir uns regelmäßig auf dem Schulhof, denn er hob in seiner Tupperdose eine Kostprobe von den gerade eben zubereiteten Speisen für mich auf. So probierte ich zum ersten Mal in meinem Leben eine Lasagne Bolognese und hatte das Gefühl, noch nie so etwas Leckeres gegessen zu haben. Bald standen wir mit 10 und 11 Jahren zusammen zu Hause in der Küche und lernten von Grund auf, wie diese vielen Schritte funktionieren, die man für eine gute Lasagne beherrschen muss. Wenn wir sie heute gemeinsam essen, ist es immer noch ein kleines Fest.
Ich erinnere mich auch an eine Kommilitonin, die in ihrem Mini-Backofen einen Cidre-Kuchen gebacken hatte, als ich zu Besuch kam, und an ihre Studentenbude und unsere Gespräche über Gott, Frankreich und wie gut Radio-Reportagen sein können. Anja ist vielleicht jetzt Pastorin in einer Gemeinde, wir haben uns dann aus den Augen verloren. Beim Cidre-Kuchen denke ich immer an sie.
Das Rezept für den Hackfleisch-Auflauf mit Schafskäse zeichnet mir ein Bild von meinem Vater vor Augen, der von diesem Gericht mit cremig-würziger Tomatensahne-Soße nicht genug bekommen konnte. Ich denke an meine Zeit in
der Freizeit- und Begegnungsstätte Oese, in der ich nach der Schule ein Freiwilliges Soziales Jahr machte und viel in der Küche lernte (danke, Erika!), unter anderem wie man einen richtig guten Frischkornbrei mit Früchten herstellt.
Ein paar Rezepte aus meinem alten Ordner habe ich nicht abgeschrieben, sondern das Blatt mit der Handschrift von lieben Menschen in Ehren gehalten, die heute nicht mehr bei uns sind – zum Beispiel von meiner Oma, die ihren Lieblings-Rhabarber-Kuchen für mich zu Papier gebracht hat.
Mit diesen Erinnerungen und vielen mehr ist mir mein Kochbuch ein wertvoller Schatz geworden. Und so spricht mich ein Vers aus dem Psalm für den 1. Sonntag nach Trinitatis ganz anders an: „Schmecket und sehet, wie freundlich der Herr ist. Wohl dem, der auf ihn trauet!“ (Psalm 34,9). Ich schmecke den selbstgemachten Holunderblütensirup und danke Gott, dass er so freundlich ist. Dass es diese Pflanze gibt, dass ihre Blüten so schön leuchten und der Blütenstaub so ein tolles Aroma hat. Und ich danke ihm, dass er mir die Begegnung mit der Frau geschenkt hat, von der ich lernen durfte, wie man den Sirup herstellt. Ich bitte Gott für sie um seine Zuwendung und Liebe. Gottes Gnade erfüllt mein Herz mit Dankbarkeit, wenn ich auf all das schaue. Und wieviel mehr hat Gott für mich getan, von dem ich noch nicht einmal etwas ahne.
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