Schöner Scheitern! - Gottesdienst am 04. September um 18 Uhr.
Die kirchliche Friedens- und Gedenkstättenarbeit im Kirchenkreis Bremervörde-Zeven und die Kirchengemeinden Selsingen und Bevern feiern am Sonntag, den 4. September, um 18.00 Uhr den nächsten gut:jetzt – Gottesdienst in der historischen Lagerküche auf dem Gelände der Gedenkstätte Lager Sandbostel (gegenüber der Lagerkirche).
Im Mittelpunkt steht der Umgang mit dem eigenen Scheitern, der Schuld und den persönlichen Niederlagen im Alltag, ob im Job, in der Schule, im Studium, im Ehrenamt oder anderswo. „Wir benötigen viel mehr Netz und doppelten Boden, eine ehrliche und respektvolle Fehlerkultur, um von dem Erzählen zu können, was uns im Alltag scheitern lässt“, sagt Michael Freitag-Parey, einer der Initiatoren von gut:jetzt. „So vielfältig die Möglichleiten des Scheiterns sind, so vielfältig sind doch oft die Versuche, das Scheitern zu vertuschen. Es fällt schwer, das Scheitern einzugestehen, denn es kratzt erheblich am Ego und an den Filtern, mit denen ich mein Leben ansonsten nach draußen wunderbar darstelle. Ich spreche selbst auch nicht gerne über mein Scheitern, und wenn, dann nur mit ganz wenigen, vertrauten Menschen. Wenn ich es aber tue, merke ich oft genug, dass es guttut und anderen Mut macht ebenso ihre Geschichte des Scheiterns, des Verlierens zu erzählen“, so der Friedenspädagoge und fährt fort: „Natürlich sind die meisten von uns in der Lage, Anekdoten mit einem verschmitzten Lachen über die kleinen Alltagsfehler zu erzählen, schwieriger wird es jedoch, wenn es um Zusammenhänge geht, die womöglich von schweren, eigenen Fehlern berichten. – Wohin damit? Wohin mit dieser Last? Mit wem kann ich mich austauschen? Wie wahre ich mein Gesicht?“
Die Veranstalter:innen des gut:jetzt nehmen mit ihrem aktuellen Thema u.a. Bezug auf ein Konzept, dass vor 10 Jahren in Mexico aus der Taufe gehoben worden ist. Fünf Freunde aus Mexiko-Stadt kamen damals auf die Idee, ihre Geschichten von Pleiten und somit beruflichem, wie privatem Versagen öffentlich zu machen. Bei den von ihnen so titulierten „Fuckup-Nights“ (fuckup steht umgangssprachlich für vermasseln, verbocken, versagen) stellen sich Menschen auf die Bühne und erzählen, wie sie ihren Job verloren haben, insolvent gegangen sind oder ihr Unternehmen an die Wand gefahren haben. Die Resonanz auf ihren Mut war überwältigend. Mittlerweile gibt es weltweit viele Formate dieser Art. Menschen erfahren auf diesen Veranstaltungen, dass das Scheitern zum Leben gehört und das der Austausch darüber befreit und idealerweise neue Wege aufzeigt. „Hinsehen, wenn etwas schief geht, einander beistehen und daraus lernen. Korrektur ist möglich, auch wenn ich nichts ungeschehen machen kann, erfahre ich: Ich bin damit nicht allein“, sagt Pastor Markus Stamme von der Kirchengemeinde in Selsingen und unterstreicht: „Das unterstreicht auch die christliche Botschaft“.
Jedoch, so die Veranstalter des gut:jetzt, ist auch das Format der „Fuckup-Nights“ zu hinterfragen. Hier erzählen heutzutage häufig genug nur diejenigen, die es nach einem Scheitern wieder auf die Beine geschafft haben. Doch was ist mit den Menschen, die sich nicht von ihrem Scheitern erholt haben? „Die, die nicht wieder aufgestanden sind, stellen sich nichunbedingt auf die Bühne", überlegt Freitag-Parey. „Und somit kranken die Fuckup-Nights genau daran. Die Frage lautet, wie es zu schaffen ist, dass wir eine Kultur des Scheiterns installieren können, die es allen möglich macht frei und ohne Angst über das eigene Scheitern zu sprechen“.
Der „gut:jetzt“-Gottesdienst ist ein Forum zum selber denken und glauben. „Dieses Format schafft Raum an einem besonderen Ort, um über gesellschaftlich relevante Themen ins Gespräch zu kommen und ebenso zu streiten,“ findet die Studentin Emma Vogel, Musikerin bei gut:jetzt. Im Mittelpunkt stehe dabei immer eine bewusst interaktive und frische Auseinandersetzung mit dem Thema. Gesucht sind Impulse für den Alltagsglauben, eingeladen sind Menschen jeden Alters. „Wir setzen auf interaktive Methoden, Musik, Theater, Comedy und den Überraschungsmoment“, sagt Sozialarbeiterin Janne Meyer aus Rhade ebenfalls vom Team „gut:jetzt“.
Für den Gottesdienst in der historischen Lagerküche gegenüber der Lagerkirche in Sandbostel gelten die allgemeinen Hygiene-Verordnungen.