Selsinger Pastoren bieten frischen Wind in den Gottesdiensten

Nachricht Selsingen, 16. Januar 2023

 

Die Corona-Pandemie setzte Veränderungen in Gang. Die Kirchengemeinde musste sich neu ausrichten, um die Menschen zu erreichen. Der frische Wind hat Folgen: Es gibt Neuerungen im Gottesdienstplan und in den Gottesdienstabläufen: „Da haben wir in allen Kirchen ganz neue Wege erdenken müssen“, erinnert Petra Lemmel.

Zugleich sei überprüft worden, welche Traditionen überhaupt noch tragen „und was wir getrost begraben können, weil es einfach die Menschen nicht mehr trifft“. Markus Stamme ergänzt: „Klar: Wir singen Lieder, wir beten und es gibt eine Predigt. Das ist gleich geblieben.“ Anderes indes blieb weg und fehlt nicht. „Danach hat noch niemand gefragt“, so die Seelsorger. 

Dabei sei eigentlich die Erfahrung in Selsingen: Wenn etwas nicht gefällt, kommen meistens ziemlich schnell Rückmeldungen aus der Gemeinde. Das ist nun aber nicht der Fall. „Das ist eine erstaunlich große Veränderung für uns.“ Gottesdienste werden jetzt anders gefeiert. Ohne Wechselgesänge. „Das gehört zu den Dingen, die weggefallen sind.“

  • Eindruck: Gemeinde feiert jetzt stärker mit

Petra Lemmel: „Auf der anderen Seite finde ich erstaunlich, dass wir dadurch viel mehr Gemeindebeteiligung haben.“ Bei der gesungenen Liturgie habe sie manchmal den Eindruck gehabt, ganz alleine zu singen. Aber wenn sie nun einen Psalm bete, komme etwas zurück: „Ich habe den Eindruck, dass die Gemeinde dadurch viel stärker wieder mitfeiert. Es ist mehr ein Miteinander geworden.“

Das bestätigt. Markus Stamme. In der Übergangsphase mit Gottesdiensten im Freien habe es angefangen. Da sei nach Formen gesucht worden, die Gemeindeglieder einzubinden, mal über ein Bild zu sprechen und Ähnliches. Manches aus der früher üblichen Liturgie sei ausgelassen worden.

Ein Beispiel. Die Zahl der Lesungen aus der Bibel sind reduziert worden. Markus Stamme: „Wir sind jetzt irgendwie freier.“ Vieles sei zwar vorgegeben von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), was im Gottesdienst passieren soll. Aber: „Wir nutzen die Spielräume jetzt stärker als vorher“, sagt Petra Lemmel und lacht. „Und wir haben das Gefühl, dass wir dadurch mehr Leute erreichen. Wir haben einen sehr guten Kirchenbesuch. Da scheinen wir ja irgendwie etwas richtig zu machen.“

  • Kürzere Gottesdienste zu neuen Zeiten besser besucht

Markus Stamme bestätigt, die Gottesdienste seien besser besucht. Es seien auch Dinge verändert worden, weil ihm selber die liturgischen Gesänge „irgendwie fremd geworden sind“. Er hatte das Gefühl, es passt nicht mehr. „Das ist nicht, wie ich Gottesdienst feiern möchte.“ Stattdessen sei überlegt worden, wie sie zeitgemäß gefeiert werden könnten.

Die Liturgie ist verändert, abgestimmt mit dem Team der Hauptamtlichen und des Kirchenvorstandes. „Wir singen eben nicht mehr das ,Kyrie Eleyson‘“, weil es den Menschen fern geworden sei. Eine Änderung: „Die Gottesdienste sind kürzer geworden“, dauern nun zwischen 45 Minuten und maximal einer Stunde, wie Markus Stamme berichtet.

Und sie finden zu einer anderen Uhrzeit statt. Statt um 10 Uhr und zwischenzeitlich um 11 Uhr beginnen sie jetzt regelmäßig um 10.30 Uhr. „Das ist eine super Zeit.“ Denn sie ermöglicht Besuchern ein entspanntes Frühstück ebenso wie die zeitige Rückkehr zum Mittagessen.

Gottesdienste in der St.-Lamberti-Kirche in Selsingen sind kürzer und moderner geworden. Neu ist eine Vielfalt mit bestimmten Gottesdiensten an festen Sonntagen.

Einzige Ausnahme sind Abendgottesdienste um 18 Uhr. Premiere hat ein solcher am kommenden Sonntag, 22. Januar, in der Selsinger Kirche. „Der erste Abendgottesdienst, an dem morgens um 10.30 Uhr kein Gottesdienst ist.“ Die Kirchengemeinde möchte den Besuchern verlässliche Zeiten bieten.

Und sie möchte persönlicher werden mit kürzeren und vielen kleineren Gottesdiensten, etwa anlässlich von Taufen mit nur einer Familie, ob bei ihnen zu Hause, in der Kirche oder manchmal an der Oste. „Das wird dankbar angenommen.“ Markus Stamme erinnert zudem: „In der Corona-Zeit haben mehr Konfirmationsgottesdienste stattgefunden, weil wir nicht so viele Leute in der Kirche haben konnten. Das hat die Gottesdienste besser gemacht“, so der Eindruck.

Und so lässt sich nun sagen: Gottesdienste finden nun kürzer, kleiner und häufiger statt. Der neue Gottesdienst-Rhythmus sieht eine regelmäßige Vielfalt vor. Und die sieht so aus:

  • Am 1. Sonntag im Monat findet ab 10.30 Uhr ein Gottesdienst mit Abendmahl in der Selsinger St.-Lamberti-Kirche statt. Außerdem um 18 Uhr ein Abend-Gottesdienst in der Lagerkirche in Sandbostel.
  • Am 2. Sonntag im Monat gibt es von 10.30 Uhr an einen Gottesdienst für Klein und Groß, also Kinder und Erwachsene, vorbereitet von einem Team mit Liedern auch für Kinder. Zum Beispiel mit dem „Lamm-Berti-Kinderchor“. Zusätzlich gibt es ab 12 Uhr einen separaten Tauf-Gottesdienst für bis zu sechs Familien. Zudem sind Extra-Termine für Taufen möglich.
  • Am 3. Sonntag im Monat beginnt um 10.30 Uhr ein Gottesdienst für Hoch- und Plattdeutsche mit moderner formulierten Psalmen von Peter Spangenberg und in dem eben auch Plattdeutsches mit einfließen kann.
  • Am 4. Sonntag im Monat ist ab 18 Uhr ein Abendgottesdienst mit neuer Musik vorgesehen. Zur Premiere am 22. Januar spielt die Kirchenband The Flying Goats. Am 26. Februar gibt es Taizé-Lieder. Unterschiedliche Arten von Musikern sollen die Abendgottesdienste prägen.
  • Am 5. Sonntag im Monat, so es denn einen gibt, sind von 10.30 Uhr an „ProjektBegegnungen“ vorgesehen. Petra Lemmel: „Auf den freue ich mich ganz besonders. Da können wir Neues ausprobieren.“ Vom Frühstücks- bis zum Filmgottesdienst sei vieles denkbar. Zur Premiere am 29. Januar gibt es einen Stationen-Gottesdienst. „Es gibt einen gemeinsamen Anfang und ein gemeinsames Ende. Zwischendurch wird sich in der Kirche bewegen und kann an unterschiedlichen Stellen etwas machen.“

Petra Lemmel bilanziert: „Es hat sich durch Corona vieles verändert.“ Die Kirche hat neue Wege beschritten und die Gemeinden sind mitgegangen. Diese Wege werden nun nicht mehr verlassen, das Rad nicht zurückgedreht. „Das Neue gefällt uns viel besser. Ich höre auch in Selsingen immer wieder, dass plötzlich Leute in die Kirche kommen, die früher nicht gekommen sind.“

  • Kirche informiert Kollegen und Gemeindeglieder

Zudem hat sich die Sprache verändert: „Wir sind auch da moderner geworden, nehmen die neuen Bibelübersetzungen. Entsprechende Bestrebungen habe es auch früher schon mal gegeben, nur sei die Zeit damals wohl noch nicht reif dafür gewesen.

Nun haben die Selsinger Pastoren, darunter Manfred Thoden als ein Initiator, den neuen Weg der Kirchengemeinde auch anderen Kollegen im Kirchenkreis vorgestellt, bei einem Gemeindeabend und im Gemeindebrief darüber informiert. 

Die Beteiligten betonen: Dies alles ist ein Prozess, in dem man sich auf dem Weg befindet und weiter reflektiert. Markus Stamme: „Wenn wir im Sommer merken, das klappt nicht, dann machen wir es noch wieder anders. „Wir sind wirklich gespannt.“

(Mit freundlicher Genehmigung der Zevener Zeitung veröffentlichen wir diesen Artikel. Autor: Lutz Hilken.)