Liebe Leserin, lieber Leser,
Im Urlaub gehört für mich die Besichtigung der Kirchen vor Ort einfach dazu. Ich bin gespannt auf die Gebäude und darauf, wie die Menschen in den Gemeinden sie mit Leben füllen. In der letzten Woche hat mich die katholische Kirche St. Nikolaus auf Baltrum in ihren Bann gezogen. Besonders das Reetdach des runden Kirchraumes – ob von außen oder innen. Mir gefällt daran, dass es mit seinem Material der Lebensart und der Naturverbundenheit der Menschen vor Ort Ausdruck gibt. Das traditionelle Handwerk findet auch dort seinen Einsatz, wo Menschen gemeinsam Gottesdienst feiern. Wenn ich in einer Bank sitze und nach oben schaue, so zeigt sich mir ein beeindruckendes Bild. Die Dachkonstruktion läuft auf einen Mittelpunkt zu. Dieser Blick zentriert mich. Er rückt mich zurecht. Von wegen, die, die in der Kirche an die Decke gucken, sind nicht bei der Sache! Ich wende meine Augen für einen Moment ab von dem, was auf mich herum auf der Erde ist und konzentriere mich auf das Wesentliche. Alles läuft auf Gott zu und alles geht von ihm aus, in seiner Ordnung, bis hin zum kleinsten Lebewesen, bis in die atomare Struktur der Welt. Und ich habe einen Platz darin.
Direkt neben dem Gymnasium Andreanum, an dem ich in Hildesheim Abitur machte, befindet sich die Michaeliskirche, auch dort war ich schon immer eine Decken-Guckerin. Ungefähr 27 mal 8 Meter misst das Deckengemälde aus dem Hochmittelalter, eines von nur drei erhaltenen aus dieser Zeit überhaupt. Während der Schulgottesdienste und Konzerte kam je nach Sitzplatz immer wieder ein anderes Detail des Jessebaums, der die Abstammung Jesu darstellt, in den Blick. In einer Zeit, in der nur wenige Menschen lesen konnten, waren diese Gemälde neben erzählten Geschichten eine wichtige Möglichkeit, an Wissen zu gelangen und es sich einzuprägen. Heute lassen sie uns staunen über die handwerklichen und künstlerischen Fähigkeiten der Menschen vor vielen Jahrhunderten. Außerdem zeugen sie von ihrer Verbundenheit mit Jesus Christus, der christlichen Tradition und einem tiefen Glauben. Ein Besuch der Michaeliskirche in Hildesheim lohnt sich auf jeden Fall, sie gehört zusammen mit dem Dom zum UNESCO-Weltkulturerbe.
Für alle, die nicht verreisen, aber doch den Blick an die Decken von Kirchen erheben möchten, habe ich einen Tipp: Den Kalender „Himmelsgewölbe 2022“. 12 Bilder aus der ganzen Welt, erhältlich in verschiedenen Größen.
Herzliche Grüße, Sarina Alpers